Du bist mein Tod by Claire Kendal

Du bist mein Tod by Claire Kendal

Autor:Claire Kendal
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin
veröffentlicht: 2014-01-01T05:00:00+00:00


Freitag, 20. Februar, 17:40 Uhr

Du siehst, dass Robert nicht bei mir ist. Wahrscheinlich ist das für dich der Anlass zum Handeln. Kurz nach der Brücke, inmitten von hastenden Geschäftsleuten, rempelst du mich so heftig an, dass ich dich anschauen muss.

»Willst du mir nicht dafür danken, dass ich dich aufgefangen habe, Clarissa?«

»Dein Haar hat so gut gerochen heute Morgen, Clarissa.«

»Deine Wangen sind so weich wie der Rest von dir, Clarissa.«

»Weißt du noch, wie ich gesagt habe, du bist so hübsch, wenn du schläfst, Clarissa?« Du überholst mich schnell, dann hältst du in der behandschuhten Hand ein Foto hoch über deinen Kopf und lässt es hinter dir auf den Bürgersteig flattern.

Es landet mit dem Bild nach oben. Du drehst dich um und siehst zu, wie ich mich danach bücke. Meine Hände zittern so stark, dass ich es zweimal fallen lasse und mit ungeschickten Fingern auf dem schmutzigen Pflaster herumtasten muss, bevor ich es einstecken kann. Zufrieden lächelst du und gehst davon.

Trotz all meiner ängstlichen Überlegungen, was du in jener Nacht mit mir gemacht haben könntest, habe ich so etwas nicht kommen sehen. Ich habe den Gedanken nicht zugelassen.

Obwohl es tief in meiner Tasche steckt, glüht das Bild vor meinen Augen, als wäre es auf eine riesige Leinwand projiziert. Ich liege auf dem Rücken, schlafe ausgestreckt in meinem eigenen Bett. Ich trage einen lavendelfarbenen Slip. Mehr nicht. Strümpfe und BH liegen neben mir. Ich habe die Arme über den Kopf gestreckt, die Fingerspitzen berühren den Bettrahmen. Meine Augen sind geschlossen.

Ich habe diesen Slip seit deiner Nacht in meiner Wohnung nicht mehr gesehen, fällt mir jetzt auf. Es besteht kein Zweifel, dass du das Foto damals aufgenommen hast. Vor Angst wird mir übel. Ich bin sicher, dass dies nicht das einzige Foto ist.

Es war inzwischen eine Woche her, dass sie es zum ersten Mal versucht hatte, und sie musste es wieder probieren. Kaum war sie zu Hause angekommen, wählte sie James Bettertons Nummer.

Diesmal war eine Frau am Apparat.

Clarissa versuchte normal zu klingeln, als wäre der Anruf nichts Ungewöhnliches. »Hallo, ist Laura zu sprechen?«

Die Frau sog scharf die Luft ein. Sie klang, als kämen die Worte gegen ihren Willen aus ihrem Mund. »Haben Sie etwas von ihr gehört?«

»Nein. Tut mir leid. Ich versuche sie zu finden …«

»Lassen Sie uns in Ruhe.« Die Frau legte auf.

Clarissa hielt den Hörer noch lange in der Hand und lauschte dem Tuten in der Leitung und dem Trommeln ihres Herzens. Rafes Märchenzitate vermischten sich mit ihren Ängsten um Laura Betterton. Sie hätte sich zu gern für paranoid gehalten; alles war besser, als recht zu haben. Doch von Minute zu Minute wuchs ihre Gewissheit, dass Rafes Hinweise auf die Märchen keine leeren Drohungen waren, keine neckischen Scherze seiner schmutzigen Phantasie; sondern Hinweise auf etwas, das er tatsächlich getan hatte.

Sie stellte sich die zerstückelten Leichen der Jungfrauen aus dem »Räuberbräutigam« vor. Das Becken des Zauberers mit den geschlachteten Mädchen aus »Fitchers Vogel«. Die Foltergeräte und den blutverschmierten Fußboden in der geheimen Kammer von Blaubart. König Schahryârs Reihe von bestraften Königinnen; jede von



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